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Laufbericht zum Jungfrau-Marathon 2007

 

Wahrlich eine der schönsten Marathon-Strecken der Welt!

Angesport zum einen durch Bottroper Laufkollegen und zum anderen durch den Genuss von einigen Bieren verabredeten Timo und ich uns im April 2006 zum diesjährigen Jungfrau-Marathon. Nachdem die eine oder andere von uns verusachte Panne bei der Anmeldung von dem wirklich hervorragendem und hilfsbereiten Organisationskommitee behoben werden konnte, standen wir also am Morgen des 08. September 2007 vor dem Kurhaus in Interlaken und warteten auf den Start. Mit dabei waren unsere beiden Mädels, Sanne und Anna, die uns an verschiedenen Stellen in der Ebene und am Berg anfeuern und uns im Ziel in Empfang nehmen wollten.

Vor uns lagen nun 42,195km geradeaus, ca. 300m bergab und dafür 1.800 bergauf. Die beiden folgenden Grafiken geben einen recht guten Eindruck über das, was da auf uns zu kommen sollte:

Interlaken empfing uns an diesem Tag mit herrlichem Wetter. Kurz vor dem Start noch fix einen Kuss von Sanne abgestaubt (fällt das eigentlich unter Doping?) und dann ging's auch schon los. Am besten lässt sich die Strecke in Abschnitten erzählen.

km 0-10: Interlaken - Wilderswil

Nach einer Ehrenrunde durch Interlaken geht's raus zum Brienzer See durch Bönigen und dann entlang des Flüsschens Lütschine ab nach Wilderswil. Die ersten 10 km ist die Strecke noch topfeben, ideal zum Warmlaufen also. In den kleinen Örtchen an der Strecke ist jeweils die Hölle los und der Lauf macht einfach nur spaß!

km 10-20: Wilderswil - Lauterbrunnen

Ab Wilderswil ging es dann in Lütschental hinein - oder besser hinauf. Rechts und links türmten sich langsam die Felswände hoch, neben uns floss die Lütschine das Tal hinab und wir liefen das Tal hinauf.

In Zweilütschinen (km 15), wo die weiße Lütschine aus Lauterbrunnen und die schwarze Lütschine aus Grindelwald zusammenfließen, warteten bereits die Mädels mit diversen Dopingmitteln (=Küsschen) auf uns.

Von da aus ging es weiter nach Lauterbrunnen, die ersten 250 von insgesamt 1800 Höhenmetern waren geschafft.

km 20-26: Lauterbrunnen - Trümmelbach - Lauterbrunnen

Kurz hinter dem Ortseingang von Lauterbrunnen öffnet sich das Tal wieder und gibt ein herrliches Panorama frei. Während rechts und links die Felswände 300-400m hoch ragten, lag vor uns ein herrliches Tal. Willkommen im Heidi-Land!

In Lauterbrunnen selber vermissten wir unsere Mädels, wähnten sie aber noch in diversen Zügen oder vermuteten, dass wir sie bei dem Getümmel einfach nicht gesehen hatten. Timo kam noch der Gedanke, dass die Beiden an statt nach Lauterbrunnen aus versehen den Zug nach Grindelwald genommen hatten. Den Gedanken verwarfen wir aber wieder, denn die Mädels waren zwar blond, aber sooo blond nun auch wieder nicht.

Wir liefen indes ins Tal hinein bis auf Höhe der Trümmelbach-Wasserfälle. Der Trümmelbach entwässert allein die riesigen Gletscherwände von Eiger (3970 m), Mönch (4099 m) und Jungfrau (4158 m) und transportiert jährlich 20.200 Tonnen Geschiebe aus diesem riesigen Einzugsgebiet. Im Frühjahr stürzen durch die tief im Berginneren liegenden (und zu besichtigen) Fälle bis zu 20.000 Liter pro Sekunde ins Tal hinab - ein sehenswertes Schauspiel der Natur

Zu blöd nur, wenn man gerade keine Zeit für solche Sehenswürdigkeiten hat...

km 26-28: Lauterbrunnen - Wengen (die Wand)

So, schluss mit Lustig, jetzt geht's rauf - aber hallo! Für die nächsten zwei Kilometer standen knapp 500 Höhenmeter auf dem Plan. Genau, richtig gerechnet, das macht eine Steigung von ca. 25% - im Mittel! Da war nur noch zügigies Wandern angesagt. Ans Laufen dachte keiner mehr. Übrigens war ab da nicht mehr jeder Kilometer, sondern alle 250 meter ausgeschildert. Wenn man für 250 meter auf einmal genauso lange braucht, wie vorher für einen Kilometer ist das gar nicht mal eine so schlechte Idee...

Kurz vor Wengen war es Timo dann doch nicht mehr wirklich möglich, mein Tempo zu halten. Also lief er schonmal vor - was auch sonst!

km 28-39: Wengen - Allmend - Wixi

In Wengen angekommen wurden wir wieder von einer unglaublichen Menschenmenge in Empfang genommen. Wo jetzt mehr los war, ob in Wengen, Lauterbrunnen oder in den Dörfern zwischendurch, kann ich auch nicht mehr sagen. Auf jeden Fall hatte man das Gefühl, dass jeder aus der näheren Umgebung da war und alles gab, um die Läufer nach vorne zu treiben - eine unglaublich tolle Atmosphäre begleitete uns den ganzen Lauf.

Von Wengen ging es annähernd parallel zur Wengernalpbahn an den Stationen Allmend und Wengernalp vorbei. In Allmend (km 33) warteten wieder wie verabredet die Mädels auf uns. Aufgrund der großen Aachen-Fahne waren sie bereits von weitem zu sehen. Das gibt Schub den Berg hinauf!! Versuche, wieder in den Jogging-Schritt zu fallen, wurden allerdings aufgrund der steilen Strecke umgehend von den beteiligten Gliedmaßen unterbunden.

Für ein wenig Erheiterung sortge dann die Erklärung, warum wir sie in Lauterbrunnen nicht gesehen hatten. Offensichtlich fanden sie die Strecke über Grindelwald aus uns bis heute nicht nachvollziehbaren Gründen irgendwie attraktiver...

Hinter Allmend wurde der Marathon zu einem lustigen Mix aus Lauf- und Wanderpassagen, je nachdem wie steil es mal wieder den Berg hinauf ging. Es ging durch den Wengernwald und da man vor lauter Bäumen eh nicht viel Aussicht hatte, kam man mit den Kollegen in der umgebenden Lauftruppe ins Gespräch.

Irgendwann kamen wir wieder aus dem Wald raus und dann blieb uns - auf jeden Fall mir - die Luft weg. Die Strecke machte kurz vor der Wengernalp eine leichte Linkskurve und ins Blickfeld gerieten nacheinander die Gipfel von Jungfrau, Mönch und schließlich vom Eiger. Eine Wahnsinnskulisse türmte sich dort mit den 4.000 meter hohen Gipfeln auf.

km 39-41: Wixi - Eigergletscher

Ab der Talstation Wixi (dieser Name...) ging es dann in einer langen Karawane auf die letzte Steigung. An Stelle eines gut ausgebauten Bergweges hatten wir nun einen Trampelpfad unter den Füßen.

Mit stetem Blick auf die Nordwand des Eiger latschten wir wie an der Perlenkette gezogen durch die imposante Bergwelt. Überholen war auf dem Weg nicht mehr drin, dafür war das Gelände zu unwegsam und der Weg zu eng. Wer hier merkt, dass er überzogen hat, hatte sich den denkbar schlechtesten Abschnitt der Strecke ausgesucht, denn hier musste man wieder rauslaufen, ein Auto kam hier nicht mehr hin.

Für die letzten Anstiege auf die Moräne am Eigergletscher wurden noch die letzten Kraftreserven mobilisiert, wobei mir der Rat von Judith durch den Kopf ging: "Wenn's richtig rauf geht, denk einfach an den Apfelstrudel im Vanillesossesee, das Panache oder Sannes Küsse im Ziel - je nachdem, was mehr zieht!"

km 41-42,195: Eigergletscher - Kleine Scheidegg

Am höchsten Punkt angekommen wurden wir mit Dudelsackmusik (jawohl, da oben stand ein waschechter Schotte) und leckerer schweizer Schokolade für die Strapazen belohnt. Von da an ging es den letzten Kilometer nur noch bergab. Die Kraft ist raus, die Beine sind müde und werden bloß noch nach vorne geworfen. Jetzt bloß nicht lang machen, das würde wohl weh tun.

Im Ziel wurden wir begeistert von Sanne und Anna und hunderten anderer Begleiter in Empfang genommen. Beinahe hätten die beiden es nicht rechtzeitig zum Ziel geschafft, da die Bahnen von Allmend zur kleinen Scheidegg alle mehr als voll waren.

  

Nach der warmen(!!) Dusche und diversen Leckereien im Zielbereich ging es dann mit der Zahnradbahn wieder bergab gen Interlaken. Die Bahnen waren natürlich immer noch proppevoll. War ja auch kein Wunder, neben den 4.000 Läufern sind nochmal eben so viele Begleiter den Berg hinaufgekommen und dazu kamen noch die üblichen Tagestouristen.

In Summe war dieser Lauf ein unglaubliches schönes Erlebnis. Neben der beeindruckenden Landschaft war es natürlich der Gedanke an die lieben Umarmungen von Sanne, die mich am meisten den Berg heraufgezogen haben. Und natürlich der Apfelstrudel im Vanillesossesee auf der Kleinen Scheidegg...

Für alle, die schonmal mit dem Gedanken gespielt haben, kann ich diesen Lauf nur empfehlen. Die Organisation des Laufs ist einfach nur toll. Verpflegungsstellen sind reichlich an der Strecke. Ca. alle 20 bis 30 Minuten bekommt man auf jeden Fall Wasser, meist auch Iso-Getränke, Tee, Cola und warme Brühe. Riegel, Gel-Packs und ähnliches sind auch an diversen Stellen vorhanden. Für die letzten beiden Verpflegungsstationen zwischen Wixi und Eigergletscher (jawohl, die Jungs stehen da mitten im Berg) wird das Zeug sogar mit Helikoptern auf den Berg geflogen.

Ebenfalls lohnt es sich, hier noch ein paar Tage dranzuhängen. Die Gegend ist ein traumhaftes fleckchen Erde und ein Bad im 13° warmen Thuner See ist einfach herrlich!